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Nikolaus August Otto

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Objektführer / Köln

Köln_Das Industriegebiet Deutz-Mülheim/Süd
Köln-Mülheimer-Straße

Texte / Dokumentationen
Unbequem Denkmale - Ausstellung zum Tag des offenen Denkmals 2013 in der Lindgens-Kanine / Deutz-Mülheimer Straße pdf-Datei

Links
Stadtentwicklungsamt Köln: Rechtsrheinisches Entwicklungskonzept
Dokumentation Werkstattverfahren: www.stadt-koeln.de/4/stadtplanung/muelheimer-sueden-hafen/12875/

muelheim1589
Mülheim mit dem hier noch direkt am Rhein entlang führenden Weg nach Deutz (oben links). 1589

Walter Buschmann
Das Industriegebiet an der Deutz-Mülheimer Strasse

Der schon seit Jahrzehnten sich abzeichnende Strukturwandel im rechtsrheinischen Köln erfasst in diesen Jahren auch mit großer Intensität das Gebiet zwischen Deutz und Mülheim. An der Verbindungsstraße zwischen diesen alten rechtsrheinischen Städten entwickelte sich seit etwa 1840 eine Industriegebiet besonderer Güte und - aus heutiger Sicht betrachtet - von beträchtlichem historischem Wert. Die im Stadtentwicklungsamt der Stadt Köln bereits fortgeschrittene Rahmenplanung für dieses Gebiet und der beachtenswerte Workshop „Rechtsrheinisches Köln“ macht es sinnvoll ja geradezu notwendig, sich noch einmal die geschichtliche Entwicklung und die erhaltenen Industriedenkmäler vor Augen zu führen. Die Recherchen führten dabei zu geradezu spektakulären Neuentdeckungen: die Möhring-Halle von 1902 auf dem Gelände der Gasmotorenfabrik Deutz und die Reste der Schwebebahn-Teststrecke im ehemaligen Werk der Waggonfabrik Van der Zypen&Charlier von 1893 gehören zu den Inkunabeln der Industriegeschichte Kölns.

Die 1864 in Köln an der Servasstraße hinter dem Hauptbahnhof gegründete und 1867 an die Deutz-Mülheimer Straße verlegte Gasmotorenfabrik Deutz von Nikolaus August Otto und Eugen Langen war die erste Motorenfabrik der Welt. Otto hatte mit seinen Erfindungen – u. a. des Viertaktverfahrens – eine Entwicklung eingeleitet, die viele Technikhistoriker mit der Erfindung der Dampfmaschine von James Watt gleichsetzten. Ein Jahrzehnt lang arbeiteten auch Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach, später auch Ettore Bugatti in der Deutzer Fabrik. Dieser Ort von hochrangiger technikgeschichtlicher Bedeutung wird durch eine ganze Anzahl denkmalwerter Bauten geprägt. Unter diesem Bauten ragt die Möhrig-Halle heraus.

Bruno Möhrig war als einer der großen Berliner Architekten der Zeit um 1900 an einer Neuformulierung der Architektur- und Stadtbauformen beteiligt. Möhring hat im Rheinland die Bonner Rheinbrücke und den Schwebebahnhof Döppersberg in Wuppertal entworfen und war an dem preisgekrönten Entwurf für den Generalbebauungsplan für Groß-Berlin beteiligt. Aus seiner Mitwirkung an der Düsseldorfer Kunst- und Gewerbe-Ausstellung 1902 ging die berühmte Maschinenhalle der Zeche Zollern 2/4 in Dortmund-Bövinghausen hervor. Der Ausstellungsbau aus Düsseldorf galt als verschollen. Ein Teil der großen Stahlfachwerkhalle für die Gutehoffnunghütte tauchte als Universitätsgebäude in Mexico-City wieder auf. Ein anderer Teil der Halle wurde nun auf dem Gelände der Gasmotorenfabrik Deutz wieder entdeckt. Man hatte die Halle nach Ende der Ausstellung in Düsseldorf demontiert und im rechtsrheinischen Köln wiederaufgebaut.

Darüber hinaus ist das Werksgelände der Gasmotorenfabrik Deutz, die später ein Teil der Klöckner-Humboldt-Deutz AG war durch eine große Zahl denkmalwerter Backsteinbauten geprägt. Sie wurden exakt inventarisiert und sind teilweise bereits in die Denkmalliste eingetragen. Eine Fortschreibung der Denkmalliste mit allen denkmalwerten Industriebauten auf dem Gelände der heutigen Deutz AG steht aber noch aus. Wenn überhaupt eine Industrieanlage in Köln den Einsatz der Denkmalpflege lohnt, dann ist es dieses Gebiet, das zusammen mit der einzigartigen Motorensammlung der Deutz AG in Porz Geschichte und Bedeutung des Motorenbaus in Köln demonstriert.

deutzag1910
Gasmotorenfabrik Deutz. 1910 Etwa im Zentrum des Bildes ragt die Möhring-Halle heraus.

Die Industriegeschichte dieses Areals zwischen Deutz und Mülheim begann jedoch schon etwas früher. Die früheste Werksgründung erfolgte durch den geradezu legendären Chemiefabrikanten Dr. Christian Wöllner. Schon dessen Vater hatte in Dünnwald eine Chemische Fabrik gegründet, von der eine bemerkenswert frühe Arbeitersiedlung von 1825 in Fachwerkbauweise erhalten ist. Der promovierte Sohn gründete Fabriken in Riehl und 1834 in Mülheim. Es war die erste Mennigefabrik Deutschlands, die 1851 von Carl Anton Lindgens übernommen wurde und als Mennige- und Bleiweissfabrik kräftig weiterentwickelt wurden. Backsteinbauten aus der Zeit um 1900 mit lebhaftem Farbspiel aus gelben und roten Ziegeln und eine Farbenfabrik von 1951/56 prägen den Bereich.

Hochrangig ist die industriegeschichtliche Bedeutung der Maschinen- und Waggonfabrik Van der Zypen&Charlier. 1845 gegründet wurde auf dem Werksgelände seit 1893 die von Eugen Langen erfundene Schwebebahn getestet. Es muß als eine denkmalpflegerische Sensation gewertet werden, dass Teile der Teststrecke erhalten sind. Museumsplanungen aus Wuppertal sehen eine Translozierung der Fragmente vor. Historisch sinnvoll ist jedoch die Erhaltung an Ort und Stelle, dort wo auch seit 1898 die ersten Schwebebahnwagen für Wuppertal produziert werden. Die Waggonhallen zeigen nicht nur eine imposante Backsteinarchitektur. Noch beeindruckender sind die Halleninnenkonstruktionen mit hohen Gußeisensäulen und einem mächtigen Holztragwerk unter den großen Satteldächern.

Auch die 1843 am Eigelstein gegründete und 1864 an die Deutz-Mülheimer Straße verlegte kölnische Gummifäden-Fabrik vorm. Ferd. Kohlstadt und Co. zeigt beeindruckende Backsteinarchitektur. Sie ist entstanden in mehreren Bauabschnitten nach 1908 und ist mit den großflächigen Werkstattfenstern eine Beispiel für die Anfänge der Raster- und Pfeilerarchitektur, die noch sehr viel stärker in den 1920er Jahren das Bild der Industriearchitektur prägte.

1893
Stadtplan 1893

Über die Werksbauten hinaus wird der Charakter des Industriegebiets zwischen Deutz und Mülheim durch Verkehrsanlagen geprägt: die Becken des Mülheimer Hafens, die Viaduktstrecke der Bergisch-Märkischen Eisenbahn und deren Brücke über die Deutz-Mülheimer-Straße wie auch diese Straße selbst. Landesweit – auch nicht im Ruhrgebiet – ist eine derartige Fabrikstraße der Zeit um 1900 wie im Bereich des Auenweges mit den dominant flankierenden Backsteinbauten erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass die Neustrukturierung diese architektonischen, städtebaulichen und historischen Werte gebührend berücksichtigt.

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