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lageplan1860
Lageplan 1860

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Objektführer / Aachen / Wollroute

Aachen_Tuchfabrik J. H. Kesselkaul Enkel
Krakaustr. 25-27

Texte und Dokumente
Elke Datow: Die Tuchfabrik J. H. Kesselkaul Enkelin Aachen. Semesterarbeit RWTH Aachen, Lehrgebiet Denkmalpflege, WS 98/99(gekürzte und für das Internet bearbeitete Fassung)

 

 

schaubild
Sschaubild um 1925

Elke Datow
Die Tuchfabrik J. H. Kesselkaul Enkel
in Aachen

Chronik
1815                 
Firmengründung im Haus in der Königstraße 693 B, jetzt Nr. 22 in einer für die Tuchindustrie schweren Zeit durch Johann Heinrich Kesselkaul (Rückgang der Zahl der Tuchfabrikanten in Aachen und Burtscheid von 124 im Jahre 1816 auf 44 im Jahre 1829). Dort gab es zunächst keine eigene Spinnerei, vermutlich nur Handwebstühle. Durch die Schwierigkeiten im Innerdeutschen Wirtschaftsverkehr legt die Firma Kesselkaul schon früh einen Schwerpunkt auf den Export, z.B. zunächst nach Nord- später auch nach Südamerika.

1825                 
Da der Betrieb sich gut entwickelt, Baubeginn eines großen Fabrikgebäudes auf einem Gelände an der Adalbertstraße 646 mit modernster Ausstattung: Spinn-, Scher-und Raumaschinen durch eine Dampfmaschine getrieben. Weberei zunächst in gemieteten Räumlichkeiten auf dem Nachbargrundstück. Walkmühle in Weisweiler an der Inde mit regelmäßigem Fuhrverkehr nach Aachen.

1830                 
Obwohl Kesselkaul eine der wenigen modernen mit Dampfmaschine ausgerüsteten Firmen in Aachen ist, bleibt sie von den Arbeiterunruhen (Julirevolution) offensichtlich verschont.

1834                 
Der deutsche Zoll- und Handelsverein tritt in Kraft, eine Zeit des Aufschwungs beginnt. Kesselkaul produziert vorwiegend Tuch und Casmir.

1847                 
Bau einer mit den neuen und verbesserten Spinnmaschinen - Mulejenny ­ausgestatteten Fabrikanlage draußen vor Kölntor im Norden von Aachen.

1850                 
ist die Firma Kesselkaul mit fast 4400 abgesetzten Stücken nach Nellessen und Deden drittgrößter Tuchfabrikant in Aachen und Umgebung.

1851                 
erhält die Firma Kesselkaul für ihre Produkte eine Preismedaille bei der Internationalen Weltausstellung im Kristallpalast in London.

1855                 
Auszeichnung der Wollstoffe der Firma Kesselkaul auf der Pariser Weltausstellung das feine dunkelblaue Tuch „Drap Royal" ging von Aachen aus auf den Weltmarkt.

Weitere Expansion und die Einführung mechanischer Webstühle machte den Umzug der Firma auf das ausgedehnte Fabrikgelände "auf Krakau" notwendig. Zu diesem Gelände gehörten bedeutende Gerechtsame des Paubaches, dessen weiches Wasser hervorragend zur Tuchfabrikation geeignet ist.

Bau des Hauptgebäudes an der Krakaustraße mit Verpackungsräumen, Werkstätten, Tuchlagern, Comptoirs und der Wohnung des Fabrikanten. Bau einer großen Web- und Spinnhalle, modernste Kessel, Maschinenanlagen und mechanische Webstühle.
 
1856                 
Inbetriebnahme der gesamten Fabrikation der Firma Kesselkaul „auf Krakau"

1880                 
in den 80er Jahren besteht trotz der erfolgreich aufgenommenen Kammgarnfabrikation ein bedeutender Absatz der alten glatten Tuche vor allem nach Südamerika und Niederländisch ­Ostindien, aber auch z.B. nach Spanien.

1888/89            
erster Preis für „wollene Garne und Kleiderstoffe" auf der Internationalen Ausstellung in Melbourne.

1893                 
Auszeichnung der Ware der Firma Kesselkaul bei der Weltausstellung in Chicago

1900                              
Auszeichnung der Ware der Firma Kesselkaul bei der Weltausstellung in Paris. Modernisierung der Fabrikanlagen „auf Krakau" und Einbau neuer Dampfkessel.

1914                 
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges Umstellung des gesamten Betriebes auf Militärtuche

1916                 
Herstellung von Sackstoffen infolge Materialmangels

1924                 
Wiederaufbau des In- und Auslandsgeschäfts durch Verwendung allerbester Rohstoffe und starke Spezialisierung auf unifarbige Qualitäten wie Kammgarn, Drapees, Fulés, Eskimos und Velours

1939                 
Erneute Produktion von Militärtuchen

1948                 
Instandsetzung der durch Brand- und Sprengbomben beschädigten Shedhalle zur Aufrechterhaltung der Produktion

1955                 
ein neuer Stahlschornstein wird errichtet

1970                 
zeigt der Einbau eines ölgefeuerten Niederdruckdampfkessels, eines neuen Stahlschornsteins und eines Doppelwandölbehälters, dass die Tuchfabrik noch in Betrieb ist

1977                  
Nach Stilllegung stellt die Möbelfirma Schlachet & Co., die das Firmengelände erworben hat, Antrag auf Abriss von 11 Gebäuden, da der schlechte bauliche Zustand der bisher gewerblich genutzten Bauten eine weitere Nutzung nicht zumutbar macht. Dem Antrag wird unter der Auflage des Erhalts der Fassade mit der Tordurchfahrt stattgegeben. Die Tordurchfahrt wird im Zuge des Abrisses 1979 abgebaut, aber die Steine werden zum späteren Wiederaufbau aufbewahrt.

1980                 
Um- und Ausbau des unter Denkmalschutz stehenden Hauptgebäudes zu Büro- und Ladenflächen im EG und Wohnungen in den Obergeschossen
In den folgenden Jahren wird das ehemalige Gelände der Tuchfabrik Kesselkaul zunächst von der Firma Schlachet selbst genutzt (Möbelverkauf, Lager, Spedition) und schließlich auf drei Eigentümer aufgeteilt und teilweise vermietet.

1983                  
Hauptgebäude mit Tordurchfahrt werden in die Denkmalliste eingetragen.

Lage
Das Fabrikgelände "auf Krakau" wurde von der Firma Kesselkaul am 16.5.1855 gekauft und umfasste ursprünglich eine ausgedehnte Dreiecksfläche von ca. 6 Morgen, begrenzt durch den Stadtwall(heute Boxgraben), die Mörgensgasse(heute Kasernenstraße) und die Krakaustraße. Zuvor hatte es an diesem Standort einen Färbereibetrieb mit Erschließung vom Stadtwall aus gegeben. Die Umgebung war unbebaut, es gab einige Teiche, Wiesen, Äcker und Gartenland.

Wichtig bei der Wahl des neuen Fabrikstandorts waren die mit dem Gelände verbundenen Gerechtsame an dem für die Tuchfabrikation besonders gut geeignetem weichen Paubachwasser.

In den 1870er Jahren wurde im Süden von Aachen vermehrt gebaut, so dass die Firma Teile ihres inzwischen vermehrten Grundbesitzes günstig als Baugrundstücke verkaufen konnte. Heute ist die Umgebung dicht bebaut.

Hauptgebäude
Das 1855-56 erbaute Gebäude ist ein 3-geschossiges Backsteinhaus mit 8 Achsen, Lisenengliederung und Walmdach.

Details:

  • zwischen EG und OG Backsteinfries (Schrägzackenfries oder Deutsches Band) und Blausteingesims
  • kassettenartige Wandvertiefungen unter den Fenstern des 1.0G, ebenso unter der Traufe
  • weiteres kleines Blausteingesims über den Fenstern des 2.0G
  • weiße Kunststofffenster, 4geteilt
  • Ziegelsteinmauerwerk, Blockverband, Fugenglattstrich
  • Sockelband aus Blaustein
  • Eingangstürsturz: Segmentbogen mit profiliertem Blausteingewände darüber ein Gesims mit steigendem Karnies und doppelter Abtreppung
  • Fenster: Sturz gemauerte Segmentbögen Fensterbänke Blaustein
  • seitl. Fenstergewände im EG mit je drei Blausteinblöcken gegliedert

Veränderungen und Spuren:
1.          Die Fassadengliederung bricht nach dem 5. Fenster von rechts ab. Die Farbe des Mauerwerks verändert sich deutlich. Die letzten drei Achsen waren offensichtlich beschädigt und sind ergänzt worden. Dabei ist nicht der Versuch gemacht worden, dem ursprünglichen Zustand möglichst nahe zu kommen. So sind z.B. die fehlenden Blausteine nicht ersetzt worden und ganz links fehlen auch die Lisenengliederung und die Mauervertiefungen. Vermutlich wurde das Gebäude nachträglich erweitert.

2.          Über dem Fenster neben der Toreinfahrt fällt ebenfalls eine Veränderung im Mauerwerk auf, das Fugenbild ist gestört. Die Fugen sind breiter und heller. Auf einem Foto von 1977 fehlt unter diesem Fenster auch noch die Fensterbank und ein Teil des Sockelbandes aus Blaustein, das inzwischen ergänzt wurde. Nur bei genauem Hinsehen fällt also auf, was sich in alten Abbildungen und Plänen bestätigt, nämlich, dass hier die Tür zur ehemaligen Pförtnerwohnung zu einem Fenster umgebaut worden ist. Hier wurde also die Veränderung am Gebäude nicht offensichtlich gemacht, wie im linken Teil der Straßenfassade, sondern es wurde versucht, den Eingriff möglichst unauffällig einzufügen.

3.          Vor dem Um- und Ausbau 1980 waren die Fassaden des Gebäudes teilweise mit brauner Binderfarbe behandelt. Die Fassaden wurden ausgebessert, die Fugen ausgekappt und neu verfugt und gesandstrahlt.

4.          Es wurden neue Kunststoff-Fenster mit Isolierverglasung eingesetzt. Die Sprossengliederung ist bis auf das 2. 0G , wo es 3 statt der ursprünglichen 2 Sprossen sind, der Ansicht des 19. Jahrhunderts zumindest optisch sehr ähnlich

5.          An der Hoffassade zeigen farbliche Unterschiede im Mauerwerk und Störungen im Fugenbild. Spuren zahlreicher Beschädigungen, Reparaturen und Veränderungen. Neben dem jetzigen Eingang ist deutlich eine senkrechte Fuge im Mauerwerk zu sehen. Pläne aus den Jahren 1926 und 1947 zeigen, dass dieser Gebäudeteil ursprünglich 3-geschossig war, zerstört, dann teilweise ein- und teilweise zweigeschossig wiederaufgebaut wurde. Nach 1947 hat es vermutlich noch einmal eine Zerstörung und einen Wiederaufbau gegeben, da das Gebäude heute wieder 3-geschossig ist.

Beim Um- und Ausbau 1980 wurden an der Hoffassade zahlreiche Versuche unternommen, wieder ein harmonisches Bild herzustellen. Um wieder ein einigermaßen regelmäßiges Fugenbild zu bekommen, wurden teilweise Fugen überstrichen und aufgemalt.

6.          Neben den oben genannten Maßnahmen wie Ausbessern, Ausfugen und Sandstrahlen, wurden hier die veränderte Fenster wieder in ihre ursprüngliche Position und Gestalt gebracht. Hier wurde wie oben eher optisch harmonisierend eingegriffen. Alt und Neu lassen sich nicht auf den ersten Blick unterscheiden.

7.          Der Hofflügel ist nicht mehr vorhanden und in der Fassade gibt es auch keine Spuren mehr davon.

8.          Der Innenraum des Gebäudes wurde bei dem Um- und Ausbau 1980 relativ wenig verändert, da die Gegebenheiten der vorherigen Nutzung, z.B. die Raumgrößen den Anforderungen der neuen Nutzung recht gut entsprachen. Zum Teil sind noch die alten Deckenkonstruktionen vorhanden:

  • im Keller Ziegelkappengewölbe, teilweise mit Beton verstärkt
  • im EG sichtbare Ziegelkappendecken
  • im 1.0G sind unter den abgehängten Decken(reversibel) die alten Ziegelkappendecken noch vorhanden
  • im 2. OG sind Holzbalkendecken erhalten. Meist wurde der neue Teppichboden auf dem alten Dielenboden verlegt. Die Bäder wurden als dichte Wannen ausgebildet, um Feuchteschäden zu vermeiden.
  • Gemauerte Kamine wurden für Installationsstränge verwendet
  • Holzdachstuhl.
  • Um das Dachgeschoß als Wohngeschoß nutzbar zu machen, wurden Dachgauben eingebaut. Obwohl das Gebäude früher keine Gauben hatte, stören sie das äußere Erscheinungsbild kaum, da sie hinter die Traufe zurückversetzt wurden. Die Treppe wurde neu eingebaut.
  • Im Flur des EG ist die alte Kappendecke nur neu verputzt und gestrichen.
  • Die große Türöffnung im EG ist zwar noch sichtbar, aber der gestalterische Umgang mit der alten Substanz im Falle der großen Tür ist fragwürdig, aber auf jeden Fall reversibel.

Tordurchfahrt
Die Tordurchfahrt auf das hintere Fabrikgelände wurde im Zuge der Abrissmaßnahmen 1979 abgebrochen und dann während der Neubaumaßnahmen auf dem Grundstück Krakaustr. 27a an der selben Stelle wieder aufgebaut. Das Ziegelsteinmauerwerk weist Läuferverband mit Fugenglattstrich auf. Toreinfassung: Segmentbogen, Blaustein, profiliert mit Agraffe (Schlussstein eigentlich bei Rundbögen). Die Geschosse über der Tordurchfahrt wurden zwar mit alten Steinen, aber mit veränderter Fassade erneuert. Die originale Bausubstanz ist also verloren gegangen.

Altes Kesselhaus
Das alte Kesselhaus ist eines der besterhaltenen und ältesten Gebäude der ehemaligen Tuchfabrik Kesselkaul. Es ist im mittleren Bereich des ehemaligen Fabrikgeländes an die Shedhalle angebaut und entstand vermutlich gleichzeitig mit dem Hauptgebäude der Fabrik 1855/56. Pläne von 1900 zeigen, dass es, als das neue Kessel- und Maschinenhaus gebaut wurde, um ein Stockwerk erhöht wurde. Im Moment befinden sich im linken Teil Hautechnik, der rechte Teil wird als Lager genutzt. Das Kesselhaus ist ein zweigeschossiger Backsteinbau mit 8-achsiger Fassade und Lisenengliederung.

Details:

- zwischen den Lisenen über EG je ein dreiteiliger Rundbogenfries mit Blausteinkonsolen (mit steigendem Kamies)

- Eingangstüre mit Blaustein eingefasst, Segmentbogen mit Schlussstein (beschädigt)

- Fenster: gemauerte Segmentbögen und Fensterbänke, im OG durchlaufend

- EG braune Holzfenster

- OG Metallfenster mit Strukturglas

- Das Läufermauerwerk ist in gutem Zustand und neu verfugt

Veränderungen und Spuren:
In der Achse links außen ist eine Sicherheitstür eingesetzt worden.
Aus der Ansicht von 1900 geht hervor, dass sich dort zwar schon vorher eine Tür befunden hat, aber sehr viel schmaler.

Die deutlich sichtbare Ausbesserung im Mauerwerk der 2. Achse von links zeigt an, dass hier anstelle eines Fensters ebenfalls eine Sicherheitstür eingebaut wurde. Über der blausteingefassten Tür in der Mittelachse erkennt man eine hohe schmale Öffnung, die zugemauert wurde. Wie man aus den Plänen von 1900 entnehmen kann, trat hier der Transmissionsriemen von neuen Kessel- und Maschinenhaus in das Gebäude ein und führte auf der anderen Seite in die Shedhalle.

Die Fassadengliederung bricht rechts an der letzten Achse ab. Es fehlen die Abschlußlisene, die durchlaufende Fensterbank und der Rundbogenfries. Aus den Plänen von 1900 lässt sich ersehen, dass es auf der Stirnseite ein Tor gab, von dem aber heute keine Spuren mehr zu erkennen sind. Das legt die Vermutung nahe, dass die rechte Achse irgendwann neu aufgebaut wurde.

Schreinerei und Umkleideräume
Die Mauern der ehemaligen Schreinerei und der Umkleideräume sind vermutlich noch aus dem 19. Jahrhundert. Allerdings wurden die Gebäude außen und innen stark verändert. Die Fensteröffnungen wurden vergrößert, das Dach wurde erneuert und die Außenwände wurden neu verputzt.

Shedhalle - Weberei und Spinnerei
Von der Shedhalle sind vermutlich nur Teile der Außenwände und der Fundamente aus der Vorkriegszeit erhalten. Die Halle wurde während des Krieges und danach mehrfach wiederaufgebaut und verändert. Das ursprüngliche Sheddach bestand aus 10 Sheds; das Säulenraster betrug 3,2m x 4,5m. Inzwischen hat die Halle nur noch 5 große Sheds. Der Innenraum ist fast unverändert überliefert.

Literatur:
Janssen, Dr. Wilhelm: Geschichte der Firma „J.H. Kesselkaul, Enkel“, Aachen 1940

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