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Objektführer / Essen / Route der Industriekultur / Zeche Zollverein / Siedlungen / Siedlungen im Essener Nordosten

 

Essen_Colonie III, Schlägel- und Eisenstraße, Ückendorfer Straße



 

schlaegel
Schlägelstraße . Foto 2009

Walter Buschmann
Siedlung Colonie III

Die im wesentlichen in zwei Bauphasen 1883-85 und 1899-1900 entstandene Siedlung ist in der Anlageform den geradlinigen Siedlungen mit Vierhäusern der frühen Phase im Arbeitersiedlungsbau zuzurechnen. Die Backsteinhäuser sind überwiegend in einem guten Überlieferungszustand und vermitteln in Städtebau und Architektur eine guten Eindruck vom Siedlungsbau jener Zeit.

Im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der 1880 bis 1882 entstandenen Schachtanlage Zollverein 3 wurde nach einem Bauantrag von 1883 die Kolonie III mit Arbeiterhäusern an Schlägel- und Eisenstraße, Dortmannhof sowie Beamtenhäusern an der Ückendorfer Straße angelegt. Die Siedlung lag so, dass von hier auch die Schachtanlage 1/2 gut erreichbar war.

Der Bauantrag von 1883 lautete auf 16 vierfache Arbeiterhäuser und drei zweifache Beamtenhäuser und war unterzeichnet von Theobald Haniel und Friedrich Wilhelm Haniel. Ähnlich wie bei der Kolonie Hegemannshof wurden zur Anlage der Kolonie III von der bestehenden Ückendorfer Straße zwei parallel angeordnete Wege ins freie Feld geführt. Dazwischen verläuft in Tieflage die Anschlussbahn zwischen den Zollverein-Schächten 1/2 und 4/5/11 mit einer Brücke im Verlauf der Ückendorfer Straße.

Für die Siedlung entstand ein neuer Haustyp mit vier nebeneinander liegenden Wohneinheiten. Jede Wohneinheit besteht analog zu entsprechenden Reihenhaustypen im Erd- und Dachgeschoß aus je zwei hintereinander liegenden Räumen. Die mittleren Wohneinheiten sind durch direkt zur Straße liegende Eingangstüren erschlossen mit lang gestreckten, zur Küche führenden Fluren. In der Küche führt eine zweiläufig Treppe ins Dachgeschoss. Die seitlichen Wohnungen werden über Türen vom Seitenweg aus erschlossen. Daher entspricht dieser Haustyp auch nicht dem aus England und Belgien bekannten klassischen Reihenhaus. Hinter den Türen liegt ein kleiner, quadratischer Flur mit der Treppe zum Dachgeschoß. An den Hauskörper sind kammartig die vier Stall- und Abortanbauten direkt angebaut. Über dem Treppenpodest ist eine weitere, über dem Stall liegende Kammer erschlossen. Die Wohnungen sind nur im Bereich der Küche unterkellert. 

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Neuer Haustyp mit direkt angebuten Stall- und Abortflüglen.

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Foto 1982

Die Formensprache der Häuser wird geprägt von einer aufwendigen Backsteinarchitektur die noch beeinflusst ist von spätklassizistischen Leitbildern. So wird das aufwendige, aus Ziegelformsteinen gefügte Konsolgesims bei den gereihten Vierhäusern aus der Traufe in die Giebel hineingeführt und endet am Wohnhauskörper mit einem Treppenfries und in den Giebelflächen der Stallausbauten mit einem geschlossenen Dreiecksfries. Über den segmentbogigen und von Archievolten begleiteten Tür- und Fensteröffnungen sind im Drempel gekuppelte Zwillingsfenster angeordnet. Die Zimmer im Dachgeschoß werden durch diese Kleinfenster auf Fußbodenhöhe belichten.

An der Eisenstraße sind nur zwei Exemplare dieses Haustyps erhalten. Südlich davon sind nach Kriegszerstörungen neue Siedlungshäuser in Putzarchitektur entstanden. Im weiteren Verlauf der Eisenstraße wurden 1901 acht Vierhäuser mit Kreuzgrundriss errichtet. Verwendet wurde hier der gleiche Haustyp wie bei den etwa gleichzeitig entstandenen Häusern an der Schalker Straße und in der Siedlung Beisen. Die eingeschossigen Häuser haben jeweils vier breite Segmentbogenfenster in den Trauffassaden. Die Hauseingänge liegen an den Giebelseiten. Der Zugang erfolgt über später in dieser Form angefügte Freitreppen mit eingeschossigen Anbauten.

Die Häuser werden in den Fassaden variiert durch unterschiedlich angeordnete Putz- und Backsteinflächen. Die Ziegelflächen reichen alternativ bis zu den Fenstersohlbänken, bis auf etwa halbe Höhe Fenster oder bis zum Drempel. Über den Ziegelflächen sind die Wände verputzt. Gebäudeecken und Fenster sind durch Laibungen aus Ziegelstein bzw. rustikaartige Wandvorlagen betont. Der Sockel ist halbsteinstark vorstehend ausgebildet mit Kellerfenster in jeder Fensterachse. Das Dachgeschoss wird durch Fenster im Giebeldreieck mit mittig angeordneten Rundfenstern belichtet. Die Grundrisse für die etwa 62m2  großen Wohnungen bestehen aus vier etwa gleich großen Räumen.

Beginnend mit einem größer ausgebildeten Wohnhaus mit Seitenrisalite überwiegen bei den ebenfalls seit 1883 an der Ückendorfer Straße errichteten Beamtenwohnhäuser mit insgesamt zehn erhaltenen Bauten die zweigeschossige Backstein-Doppelhäuser mit seitlich angefügten Stall- und Abortgebäuden. Die Fassaden sind durch Wandvorlagen und Geschoß- und Sohlbankgesimse gegliedert. Zwischen die Wandvorlagen spannt sich unter den Traufen ein Methophenfries. Die Traufgesime werden in die Giebelflächen verkröpft. Ebenfalls zu den größeren Häusern zählen die beiden Doppelhäuser am Dortmannhof.

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Beamtenhäuser an der Ückendorfer Straße. Foto 2009

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Doppelhäuser am Dotrmannhof. Foto 2009

Um 1900 entstanden gegenüber der Schlägelstraße zwei weitere Beamtenwohnhäuser mit Putzflächen im zusätzlichen Dachgeschoss. Die Dachflächen werden durch Zwerchhäuser und Dachgauben belebt.
 
Die Bedeutung der Zollverein-Kolonie III wird geprägt durch die aufwendige, an spätklassizistischen Vorbildern orientiert Backsteinarchitektur. Die Hausform des gereihten Vierhauses ist entwicklungsgeschichtlich äußerst interessant und als Vorgriff auf die erst später einsetzende Gruppenbauweise zu verstehen.

Literatur
Meyer, Carl: Geschichte der Bürgermeisterei Stoppenberg, Essen 1914

Kastorff-Viehmann, Renate: Wohnung, Wohnhaus und Siedlung für Arbeiter-Bevölkerung im Ruhrgebiet in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 1. Weltkrieges, Diss. Aachen 1980

Großmann, Joachim: Wanderungen durch Zollverein. Das Bergwerk und seine industrielle Landschaft, Essen 1999

Stemmrich, Daniel: Vom Kotten zum Mehrfamilienhaus, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 96, 1981

Hundt, Robert: Arbeiterwohnungen auf den Zechen des Ruhrreviers, Essen 1901

Bollerey, Franziska/ Hartmann, Kristiana: Siedlungen aus dem Reg. Bez. Düsseldorf, o. O., o. J. (Essen 1980)

Ruhrlandmuseum(Hg.): Vom Hausen zum Wohnen. Wohnungsbau für Arbeiter zur Zeit der Industrialisierung: Essen ein Beispiel, Essen 1988

Buschmann, Walter: Arbeitersiedlungen. Historische Bedeutung und denkmalpflegerisches Erhaltungsinteresse, in: Rheinische Denkmalpflege 32, 1995, S. 263 – 271

Biecker, Johannes/ Buschmann, Walter(Hg.): Arbeitersiedlungen im 19. Jahrhundert - Historische Entwicklung und Bedeutung, Bochum 1985

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