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Förderturm Alexanderschacht in Sachsen, 1900

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Förderturm Zeche Herkules, 1912. Essen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

neumuehl
Förderturm Zeche Neumühle in Oberhausen. Stahlfachwerkfassaden von 1914

 

 


Förderturm Zeche Königsborn in Bönen-Altenbögge. 1928 von Alfred Fischer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Systemskizze Vierseilförderung für Förderturm der Zeche Hannover in Bochum. 1948

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Förderturm Grube Anna Franzschacht in Alsdorf. Beispiel für eine Betonkostruktion der Nachkriegszeit.

 

 

 

 

 

rheinpreussen
Förderturm Rheinpreußen 8 = Schacht Gerdt in Duisburg-Homberg. 1955 von Fritz Schupp

 

 

 

 

 

 

heinrichRobert
Zeche Heinrich Robeet in Hamm. Förderturm in Hammerkopfform

 

 

 

Objektführer / Bergbau

 

Fördertürme

 

 


Fördertüme Zeche Sophia Jacoba 4 / 6. Foto 2000

Walter Buschmann
Fördertürme

Schon im 19. Jahrhundert realisierte man die eigentlich naheliegende Idee, die Fördermaschine direkt über dem Schacht anzuordnen. In diesem Fall wird die Fördermaschine, die im Kopf eines Schachthauses oder Turmes angeordnet ist, zur Turmfördermaschine, während bei den bisher beschriebenen Fördersystemen die Fördermaschine auf ebener Flur angeordnet war und somit auch Flurfördermaschine genannt wird. Der Förderturm ist per definitionem stets verbunden mit einer Turmfördermaschine, so dass Malakowtürme nicht zu dieser Gattung des Bergbaus gehören.

Fördertürme hatte es für Schächte mit geringen Teufen im Braunkohlebergbau schon lange, spätestens seit 1860, gegeben. Bei größeren Teufen war dieses Fördersystem wegen der hohen Gewichte der Trommelfördermaschinen und der Erschütterungen, die bei Dampfbetrieb die Fördermaschine an den Schachtturm weitergab, nicht geeignet. Dies änderte sich erst durch Erfindung der Koepe -Treibscheibe 1877 und die erfolgreiche Einführung der Elektrofördermaschine zur Jahrhundertwende. Carl Friedrich Koepe hatte seine revolutionierende Erfindung der Treibscheibe 1876 ursprünglich für den Kopf eines Malakowturmes, den Schacht 2 der Zeche Hannover in Bochum, vorgesehen. Sein Vorschlag wurde jedoch erst 1888 - also nach langem Zögern - durch Umbau des Schachtturmes der Zeche Hannover 2 ausgeführt (in diesem Fall wurde der Malakowturm ein Förderturm!). Zu groß erschienen noch die Probleme(Erschütterungen, Reparatur), die eine Dampfmaschine oben im Turmkopf verursachen könnte. Hannover 2 blieb lange ein Einzelbeispiel.

Erst die Elektrofördermaschine brachte die Turmförderung wieder auf die Tagesordnung der Bergbaugeschichte. 1900 wurde auf dem Alexanderschacht der Arnim'schen Steinkohlenbergwerke in Planitz/Sachsen in einem Backsteinturm die erste Elektroturmfördermaschine, allerdings unter Verwendung von Seiltrommeln, aufgestellt. Die Zukunft gehörte jedoch den Koepe'schen Treibscheiben, die im Kopf der meist aus Stahl konstruierten Türme von Elek­tromotoren getrieben wurden. Die erste Anlage dieser Art entstand 1905 in Belgien (Compagnie des Mines des Houille de Ligny-les-Aire) und fand 1907 Nachahmung in Deutschland für den Klenzeschacht der Grube Hausham im oberbayrischen Miesbach. Zwei Fördertürme von 1908 im oberschlesischen Revier (Ulrichschacht der Cleophasgrube und Deutschland 1 in Schwientochlowitz) wiesen bereits alle Merkmale späterer Türme auf: vier starke Eckständer, ausgebildet als Kasten-Gitterprofile tragen einen Maschinenraum, mit Stahlfachwerkwänden und Wellblechdach. Der Maschinenraum als Turmkopf setzte sich deutlich von der Unterkonstruktion ab, zumal er mindestens einseitig zur Unterbringung des Steuerstandes für den Fördermaschinisten über den Turmschaft vorkragte. Bei symmetrischer Ausbildung der Auskragungen des Maschinenraumes an den gegenüberliegenden Seiten ergab sich die charakteristische, mehrere Turmkonstruktionen prägende Hammerkopfform.

Ullrichschacht
Förderturm Ullrichschacht der Cleophasgrube in Oberschlesien, 1908

Neben den Stahlkonstruktionen wurden die Türme - allerdings in der Anfangszeit seltener - auch in Stahlbeton konstruiert. Der erhaltene Hammerkopfturm der Grube Camphausen im Saarland von 1911 ist ein wertvolles Zeugnis dieser Bauweise in Stahlbeton, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland für den Bau dieser Türme wieder auflebte.

Im westdeutschen Steinkohlebergbau dominierten vor dem Zweiten Weltkrieg eindeutig die Fördertürme in Stahlkonstruktion. Es gab im Rheinland zwei erwähnenswerte Ausnahmen von dieser Generallinie. 1908 erbaute die Zeche Adler in Essen-Kupferdreh unter Mitwirkung von Carl Friedrich Koepe einen aus Ziegelstein gemauerten Förderturm mit Elektrofördermaschine. Ebenso wie dieses entwicklungsgeschichtlich bemerkenswert frühe Beispiel war auch der Förderturm des Wetter- und Seilfahrtsschachtes Anna III in Alsdorf von 1913 (Abbruch 1993) noch in den althergebrachten massiven Bauformen errichtet.


Zeche Adler. Essen-Kupferdreh. Förderturm in Ziegelbauweise unter Mitwirkung von Carl Friedrich Koepe. 1908

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Zeche Herkules in Essen. Förderturm in Stahlkonstruktion mit Stahlfachwerkfassade, 1912

In den Jahren um 1910 entstanden dann im Rheinland mehrere Fördertürme in Stahlkonstruktion: 1912 Herkules/Essen, 1914 Neumühl/Duisburg, 1915 Wetterschacht für Zeche Heinrich/Essen. Neumühl und Heinrich erhielten Dampffördermaschinen, Herkules eine Elektrofördermaschine.

Interessant ist die bauliche Entwicklung der Türme. Schon beim Turm der Zeche Herkules wurde auch der Schaft ringsum mit Wänden geschlossen. Dies verstärkte aber die Angriffskraft des Windes, und der zu erwartende Winddruck wird eine entsprechend stärker dimensionierte tragende Stahlkonstruktion erfordert haben. Doch der Bauherr "legte besonderen Wert auf ein geschmackvolles Äußere des Turmes...". Die Wandbildung für den Schaft erfolgte für den Turm der Zeche Herkules hinter den Eckständern, so dass der Turm ein stark durch die tragende Stahlkonstruktion strukturiertes äußeres Erscheinungsbild erhielt. Interessant sind die Bogenkonstruktionen zwischen den Fußpunkten, die entfernt an den Pariser Eifelturm erinnern.

Für den Turm der Zeche Neumühl wurde dagegen 1914 eine Konstruktion gewählt, bei der die Stahlfachwerkfassade der Tragkonstruktion vorgeblendet war. Mit diesem leider nicht erhaltenen Bauwerk wird ein architekturgeschichtlich bedeutsamer Wendepunkt greifbar im Hinblick auf die später so wichtigen Vorhangfassaden.

Die von der Gutehoffnungshütte gebauten Türme für Zeche Heinrich (1915) in Essen und Osterfeld 4 (1924) in Oberhausen zeigen ein Mischsystem: die tragenden Eckständer sind außen sichtbar, doch sind die daran angrenzenden Stahlfachwerkfassaden der übrigen Tragkonstruktion vorgeblendet. Abweichend vom üblichen Bild der zeitgleichen Türme ist Osterfeld 4 ohne vorkragenden Maschinenraum ausgebildet. Der kubische Turmkörper wird auf Höhe des Maschinenraumes nur durch einen umlaufenden Laufsteg gegliedert. Mit Osterfeld 4 deutet sich damit bereits die später allgemein übliche quaderförmige Grundform der Türme an, die erstmals konsequent 1928 für Königsborn 4 in Bönen-Altenbögge von Alfred Fischer umgesetzt wurde.


Zeche Osterfeld 4 in Oberhausen mit Förderturm von 1924

Die Zahl der in den 1920er Jahren ausgeführten Fördertürme blieb verhältnismäßig gering. Bis 1929 waren nur 10 Exemplare im Ruhrgebiet gebaut worden, von denen der erhaltene Hammerkopfturm von Minister Stein in Dortmund, der für Doppelförderung ausgelegt war und eine Leistung von 6800 Tagestonnen erreichte, das Optimum darstellte. Die Türme waren besonders dort attraktiv, wo beengte Platzverhältnisse diese Bauart erzwangen und konnten sich erst nach 1950 in größerer Zahl durchsetzen. Dominierend blieben in den 1920er Jahren die Fördergerüste, die nun aber entsprechend eines veränderten Formempfindens einer ganz anderen Ästhetik folgten.

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Förderturm Minister Stein in Dortmund vor Abbruch der Schachthalle.

Ginge es allein um die Baukosten, hätte das Fördergerüst eindeutige Vorteile gegenüber dem Förderturm gehabt. Nach einer Berechnung von 1953 kostete der Turm damals 40 % mehr als das normale Einstrebengerüst und noch immer über 20 % mehr als das Doppelstrebengerüst. Dennoch wurden nach 1945, besonders aber in der Expansionsphase 1950 bis 1957, zahlreiche Fördertürme ausgeführt. Der ausschlaggebende Vorteil der Türme lag darin, dass man nur mit dieser Bauform über die Mehrseilförderung eine Leistungssteigerung der Schachtförderung zu erreichen glaubte. Daneben zählten weiterhin auch die schon in den vorhergehenden Dekaden genannten Gründe für den Bau der Fördertürme: geringerer Platzbedarf auf dem Zechengelände und vollständiger Witterungsschutz für die Förderseile.

Als Baumaterial standen weiterhin die aus der Vergangenheit bereits bekannten Möglichkeiten Stahlbeton oder Stahlkonstruktion mit Stahlfachwerkfassaden zur Wahl. Obwohl die schon früher angeführten Argumente gegen den Stahlbeton (hohes Gewicht und besonders die mangelnde Flexibilität bei Erschütterungen, Bodensenkungen, Veränderungen) auch weiterhin galten, wurde dieser Baustoff nun stärker eingesetzt. Beton war das Material, das am besten dem  Zeitgeist der 1950er Jahre entsprach und man konnte darauf verweisen, dass sich Beton als Baustoff für andere Ingenieurbauten bewährt hatte. Es gab energische Befürworter des Betonbaus, wie den Dortmunder Statiker Prof. Dr. O. Luetkens, der die Türme für den Franzschacht der Zeche Anna/Alsdorf, Sophia Jacoba/­Hückelhoven und Friedrich Heinrich 1/Kamp-Lintfort statisch berechnete. Zudem konnten auch Kostengründe für den Stahlbeton sprechen, wie der Fall Sophia Jacoba zeigt. Da weiterhin durch die zeitweilige Entflechtung von Kohle und Stahl der Bergbau nicht mehr so eng an die Produkte der Stahlindustrie gebunden war, konnten die Stahlbetontürme in den 1950er Jahren einen beachtlichen Anteil unter den ausgeführten Turmkonstruktionen erreichen.

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Förderturm Friedrich-Heinrich Schacht 1 in Kamp-Lintfort. Betonkonstruktion mit Ziegelverblendung.

Neben den Betontürmen wurden weiterhin Turmkonstruktionen in Stahl mit Stahlfachwerkfassaden ausgeführt. Diese Bauweise wurde weiterhin von Fritz Schupp bevorzugt. Schupp baute in den 1950er Jahren zahlreiche Türme dieser Art: 1949 Grimberg 1/Bergkamen, 1950 Friedlicher Nachbar/­Bochum, 1951 Nordstern 2/Gelsenkirchen, 1953 Heinrich Robert/Hamm, 1954 Katharina 3/Essen, 1955 Schacht Gerdt/­Duisburg, 1960 Carl Funke/Essen, 1960 Dahlhauser Tiefbau/­Bochum. Der in dieser Reihe frühe Turm der Zeche Friedlicher Nachbar wurde 1964 nach Zollverein 1/Essen umgesetzt. Die Stahlfachwerktürme sind kubisch-quaderförmig ausgebildet mit vollständig geschlossenen Wandfeldern. Nur der Turm von Heinrich Robert nimmt die althergebrachte Hammerkopfform auf. Die Stahlfachwerktürme entsprachen dem von Schupp schon in den 1920er Jahren entwickelten Gestaltungsideal. Es gelang nun mehrfach, was bereits für Zollverein 12 angestrebt war, nämlich dass "alle Gebäude gleich welchen Ausmaßes und gleich welcher Zweckbestimmung mit der gleichen Fachwerkhaut mit stets gleichen Gefachabmessungen umhüllt werden". Erst mit dieser gleichartigen Behand­lung sämtlicher Zechenbauten konnte die von Schupp angestrebte Einheitlichkeit im Erscheinungsbild erreicht werden. Die Schachtanlage Zollverein 1/2/8 ist nach dem von Schupp geplanten Umbau von 1956-58 ein aussagekräftiges Beispiel für diese Auffassung.

Beton- und Stahlfachwerktürme hatten gegenüber den filigranen Fördergerüsten den Nachteil, dass in unmittelbarer Schachtnähe große Baulasten in aufwendigen Fundamentkonstruktionen aufgefangen werden mussten. Als Alternative zu den Stahlfachwerkwänden boten sich die für Bauten in Industrie und im Verkehrswesen seit den 1920er Jahren häufiger verwendeten Blechverkleidungen an. Der erste vollständig mit beschichteten Aluminiumblechen verkleidete Turm wurde 1957 für Osterfeld 1 in Oberhausen gebaut. Für diese Bauart sprach das gegenüber den Stahlfachwerkkonstruktionen noch einmal verringerte Gewicht, der bessere Witterungsschutz für die vollständig umhüllte Stahlkonstruktion und die kurze Montagezeit. Der leider abgebrochene Förderturm von Osterfeld 1 war ein Pionierbauwerk für eine Bauweise, die sich in den folgenden Jahrzehnten im Industriebau durchsetzte.

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Zeche Osterfeld. Förderturm Schacht 1 mit Wäsche vor dem Abbruch.

Eine weitere Reduktion der Baulasten und ein deutlich verändertes Erscheinungsbild der Türme brachte die Weiterentwicklung der Elektrotechnik. Die geschlossene Form der Türme war auch eine Folge der Bestrebungen möglichst alle Einrichtungen der Elektroversorgung auf den verschiedenen Bühnen der Türme unterzubringen. Umformer und die platzraubenden Quecksilbergleichrichter mussten witterungsgeschützt umhüllt werden, mit der Folge, daß die Türme vollständig mit einer Außenhaut umgeben wurden. Durch Einführung der Transistortechnik beanspruchten die Elektroanlagen nur noch einen Bruchteil des bisherigen Raumes, so dass nur noch der Turmkopf die schützende Umhüllung benötigt wurde. Die späten Fördertürme erhielten dadurch wieder eine Baukörpergliederung, die, wie die frühen Türme, aus einer stützenden Subkonstruktion und geschlossenem Turmkopf bestand.

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