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wagenfoerderung
Wagenförderung.

wagenfoerderung
Entgegennahme der Förderwagen auf der Hängebank bei Wagenförderung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

seilfahrt
Seilfahrt im Förderkorb

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

westhausen
Zeche Westhausen, Dortmund. Malakow der zweiten Generation

 

 

 

Objektführer / Bergbau

 

Malakowtürme

oberhausen
Doppelmalakowturm Zeche Oberhausen, Oberhausen

Walter Buschmann
Malakowtürme

Die nach 1850 im Ruhrgebiet entstehenden Großzechen wurden überwiegend als Malakowanlagen gebaut. Prägendes Element dieser Anlagen ist der Malakowturm, ein  turmartig sich über dem Schacht erhebender, namengebender Gebäudeteil. Hergeleitet wurde diese zunächst nur umgangssprachliche und seit etwa 1900 auch in die Fachliteratur eingegangene Bezeichnung von dem festungs­artigen Erscheinungsbild der Anlagen im Analogieschluß: das Fort Malakow der Festung Sewastopol - benannt nach einem russischen General - war im Krimkrieg (1853-56) besonders hart umkämpft und von den britisch-französischen Truppen erst im September 1855 eingenommen worden. Der Krieg war lange Zeit Gegenstand von Presseberichten, wurde auch literarisch, etwa von Leo Tolstoi (Sewastopoler Erzählungen), behandelt und galt als Attraktion bei Cyclorama Darbietungen auf den Jahrmärkten der damaligen Zeit. Der Rundturm selbst mit einer Höhe von knapp 9 m und einem Durchmesser von etwa 14 m konnte diese Begriffsübertragung kaum bewirkt haben, denn die Schachttürme des Bergbaus waren sehr viel höher ausgebildet und von anderer Gestalt.  Beflügelt wurde die Phantasie wohl durch den langanhaltenden Kampf der Verteidiger und die Vorstellung, dass sich mit den massiven Türmen des Bergbaus vielleicht eine ähnliche Leistung erbringen ließe. Der "Burgenstil" mit Verwendung von Zitaten aus der Wehrarchitektur war eine allgemein in der Architektur des 19. Jahrhunderts verbreitete Erscheinung, die jedoch besonders im Industriebau zur Entfaltung kam. In keiner anderen Branche als im Bergbau gab es eine derart enge Verknüpfung zwischen einem realen Kriegsereignis, dem darin verwickelten Wehrbauwerk und einer neuen, aus industriellen Zusammenhängen resultierenden Bauaufgabe. Im Kontext der politisch-gesellschaftlichen Situation erhielten die Turmarchitekturen nach der gescheiterten Revolution von 1848/49 geradezu Symbolcharakter für eine bürgerlich liberale Gesellschaft, die sich innerhalb des feudal strukturierten Staa tes Freiheitsräume erkämpft und diese genauso tapfer verteidigt hatten, wie die russischen Truppen Sewastopol.

Die Gründe für eine turmartige Ausbildung des Schachtgebäudes aber waren technischer Art, bedingt durch die Entwicklung der Schachtförderung, Verladung und Verarbeitung der geförderten Kohle und den direkt am Schacht angeordneten Elementen für Wasserhaltung und Fahrung.

Von der Tonnen- zur Gestellförderung
Mehr noch als im Zeitalter der traditionellen Stollenzechen, bei denen die Schächte neben dem Stollen nur ein zusätzliches Element der Förderung darstellten, wirkte bei den reinen Tiefbauanlagen der Schacht wie ein Nadelöhr, durch das die Kohle gehoben wurde und zugleich die Mannschaften ein- und ausfuhren. Die Leistungsfähigkeit einer Zeche war in besonderem Maße abhängig von der Effektivität der Schachtförderung. Mit der Dampffördermaschine hatte man einen leistungsstarken Antrieb gefunden, der in seiner Wirkung stetig optimiert wurde. Es war jedoch nicht so sehr die Fördergeschwindigkeit, die für die Leistungsfähigkeit eines Schachtes entscheidend war. Wichtiger war die Menge des Fördergutes pro Zug und die Schnelligkeit des Be- und Entladens der Fördereinrichtung.

Traditionell wurden zur Förderung im Schacht Holztonnen mit 600 bis 2000 l Fassungsvermögen verwendet. Untertage wurde die Kohle an der Schachtsohle, dem sogenannten Füllort, in die Tonnen eingegeben und Übertage mussten die vollen Tonnen an der Hängebank wieder entleert werden. Für die Entleerung gab es mehrere Techniken. Verbreitet war ein System, bei dem die Tonne um etwa das Vierfache ihrer Höhe über den Schachtmund gezogen, durch eine Kette am Tonnenboden gehalten und durch das nachlassende Förderseil um 180 Grad gekippt wurde, um ihren Inhalt zu entleeren. Über dem mit einer Klappe verschlossenen Schacht stand entweder ein Förderwagen oder über eine als schiefe Ebene wirkende Klappe über dem Schacht rutschte die Kohle in einen seitlich bereitstehenden Wagen. Die Tonne entleerte sich also an der Kette hängend, was dem Ort (Hängebank) seinen Namen gab.

tonnenfoerderung
Tonnenförderung. Entleerung der Tonne an der Hängebank.

haengebank
Hängebank mit Tonnenförderung im Harzer Bergbau

Die Tonnenförderung war zeitraubend und verlustreich, denn jeder Umfüllvorgang verursachte Abrieb an der Stückkohle. Zudem konnten die frei im Schacht pendelnden Tonnen Beschädigungen an den Schachtwandungen verursachen. Wenn sie, besonders bei holzgezimmerten Schachtwandungen, hängen blieben, konnten Förderseil oder Aufhängung reißen. Tonnenförderung wurde häufig auf belgischen Gruben und im Aachene Revier angewandt. Für die Grube Maria bei Alsdorf wurde noch 1846 eine Tonnenförderung eingerichtet.

Um die Probleme der Tonnenförderung zu reduzieren, verwendete man auch mit Haken versehene Förderwagen, die direkt an das Förderseil gehängt wurden. Diese Wagen - auch Berlaines genannt - hatten tonnenförmig gebauchte Wände, um alle überstehenden Teile, die sich an den Schachtwandungen festhaken konnten, zu überdecken. Diese Wagen wurden im Schacht auch bereits mit Drahtseilführungen versehen. Die Grube Gouley in Würselen war mit einer derartigen Schachtförderung ausgestattet.

Eine optimale Lösung für die Sicherheit des Fördervorganges und für hohe Förderleistungen pro Zug brachten erst die Förderkörbe (auch Förderschalen oder Fördergestelle genannt). Die Förderkörbe gleichen offenen Aufzugskabinen. Sie wurden zum Transport der Förderwagen und später auch der ein- und ausfahrenden Bergleute verwendet. Zur Führung der Gestelle im Schacht dienten Drahtseile, eiserne Schienen oder hölzerne Leitbäume, den noch heute allgemein gebräuchlichen Spurlatten. Die Förderkapazität im Schacht ließ sich steigern, indem mehrere Wagen pro Korb neben- oder übereinander gestellt wurden. In Belgien und England hatte es schon in den 1850er Jahren zwei-, drei- oder viertagige Förderkörbe gegeben. Im deutschen Bergbau waren zu dieser Zeit noch einetagige Förderkörbe für je zwei nebeneinander stehende Wagen üblich. Der Vorteil dieser Körbe lag in der schnellen Be- und Entladung, so daß der Fördervorgang jeweils nur kurz unterbrochen werden mußte.

prosper
Zeche Prosper II in Bottrop mit vieretagiger Hängebank.

Im Laufe der Zeit erwiesen sich die mehrgeschossigen Förderkörbe jedoch als leistungsstärker. Auf Helene & Amalie in Essen wurden schon 1844 zweietagige Körbe eingeführt mit je einem Acht-Scheffel-Wagen pro Etage. Die Zeche Anna in Essen führte dieses System 1854 ein. Zuvor waren die Wagen ohne Körbe am Seil gefördert worden und wurden auf der Hängebank auf einer Klappe über dem Schacht aufgesetzt. Auch Zeche Carl verwendete zweietagige Förderkörbe und parallel im zweiten Fördertrumm einetagige Körbe für zwei Wagen nebeneinander. Dieser Trumm wurde seit 1871 auch mit doppelstöckigen Gestellen für je zwei Wagen nebeneinander befahren, so dass pro Zug vier Wagen transportiert wurden. Zeche Prosper führte für Schacht 2 1874 viergeschossige Förderkörbe ein. Carl und Prosper hatten an den Hängebänken der Malakowtürme zwei- bzw. viergeschossige Bühnen angelegt, so daß die Förderwagen ohne Umsetzung der Körbe gleichzeitig auf zwei- bzw. vier Etagen in einem Arbeitsgang aufgeschoben und abgezogen werden konnten.

Die Einführung der im Schacht sicher geführten, leistungsstarken Förderkörbe war "das Resultat eines wesentlichen Fortschritts bei der Kohlenförderung". Sie waren auch Voraussetzung für die allgemeine Verbreitung der Seilfahrt in Deutschland. Die vieretagigen Förderkörbe, später allerdings mit zwei Wagen pro Etage hintereinander, setzten sich in den Jahrzehnten bis zur Jahrhundertwende generell durch. Sie beeinflussten die Gestaltung der geräumigen, hallenartigen Hängebänke mit den mehretagigen Abzugs- und Hilfsbühnen, die den Mannschaften den Zugang zu den Körben ermöglichte.

Die Hängebank - Bel Etage des Bergbaus
Bei den Schachthaus-, aber auch noch bei den frühen Malakowanlagen verließ die Kohle auf Bodenniveau also auf der Rasenhängebank, unmittelbar über dem Schachtmund, den Schacht. Historische Darstellungen des 19. Jahrhunderts verdeutlichen, dass die Kohle nach Verlassen der Schachthalle mühsam über schräge Rampen oder mit einfachen Aufzugsvorrichtungen wieder auf eine Ebene gebracht werden musste, von der sie dann in Eisenbahnwaggons oder Pferdefuhrwerke gestürzt werden konnte.

 

dortmund
Zeche in Dortmund mit einfacher Vorrichtung zur Kohleverladung

Vermutlich mit der Eisenbahn als allgemein sich durchsetzendem Transportmittel für die Kohle wurden die Förderwagen auf höherliegendem Niveau aus den Fördergestellen abgezogen, um sie dann auf hochliegenden Gleisen zu den Ladebühnen transportieren zu können. Diese Ladebühnen setzten sich wohl erst Ende der 1850er Jahre durch. Sie konnten rechtwinklig auf die Schachtgebäude zuführen oder wurden parallel zu ihnen angelegt. Die Eisenbahngesellschaften verlangten als Mindesthöhe für diese Ladebühnen 4,8 Meter. Von den Ladebühnen war dann die notwendige Kipphöhe gegeben, um die Kohlewagen direkt in die Waggons entleeren zu können. Es wurden bereits Kopfwipper und später Kreiselwipper genutzt, die auf den Ladebühnen direkt über den Waggons aufgestellt waren. Eine wichtige Neuerung waren Ladetaschen entlang der Verladebühne, die als Speicher dienten und eine kontinuierliche Entladung der Förderwagen und eine rasche Beladung der Eisenbahnwaggons erlaubten.

Schon vor dem allgemeinen Aufkommen der Siebereianlagen hatte die Einrichtung hochliegender Hängebänke zur Folge, daß die Schachthäuser um ein ganzes Geschoß wachsen mußten. Der Weg zum Schachtturm war damit vorgezeichnet, zumal die Einführung der Gestellförderung große Geschoßhöhen für die Hängebänke forderte.

dahlbusch
Zeche Dahlbusch in Bochum. Hochliegende Hängebank und auf gleicher Ebene angeordnete Fördermaschine.

Mit Verlagerung der Hängebank ins Obergeschoß wurden auch die Dampffördermaschinen auf diese Ebene verlegt. Der Fördermaschinist erhielt damit die Möglichkeit, den Fördervorgang an der Hängebank direkt zu beobachten.

Fahkünste und Seilfahrt
Das traditionelle Mittel zum Ein- und Ausstieg der Bergleute in die Grube waren Leitern, die in der Bergmannsprache auch Fahrten genannt werden. Mit zunehmender Teufe der Schächte wurden Ein- und Ausfahrt immer langwiriger, beanspruchten einen nicht unwesentlichen Teil der Arbeitszeit der Bergleute. So rechnete man für das Einfahren in den 263 m tiefen Schacht der Zeche Gewalt in Essen 30 Minuten und für das Ausfahren 60 Minuten. Der langandauernde Streit, ob diese Zeit Teil der Arbeit und entsprechend zu vergüten sei, spielte bei vielen Streiks in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Rolle und wurde erst 1905 endgültig zu Gunsten der Bergleute entschieden. Um dem Streit die Spitze zu nehmen, aber auch um die Arbeitsfähigkeit der Bergleute vor Ort an der Kohle zu erhalten und um im Kampf um die in Konjunkturzeiten stets knappen Arbeitskräfte die Attraktivität der Zechen zu steigern, hatten auch die Bergwerksunternehmen ein Interesse, das Ein- und Ausfahren der Bergleute so rationell wie möglich zu gestalten.


Fahrkunst im Harzer Bergbau

Die einfachste Lösung des Problems bestand in der Nutzung des zur Förderung auf- und niedergehenden Seiles für die Fahrung der Bergleute. Das Essener Bergamt hatte sich schon 1843 dafür ausgesprochen, konnte sich damit aber bei Gewerken, Bergleuten und übergeordneten Behörden nicht durchsetzen. Die frei im Schacht pendelnden Kübel und Förderwagen ergaben ein zu großes Unfallrisiko. Da sich das Problem mit den tiefer werdenden Schächten jedoch verschärfte, waren es um 1850 Gewerke und Bergleute, die sich durch Petitionen um Einführung der Seilfahrt bemühten. Die bei unerlaubter Seilfahrt vorkommenden Unfälle bestärkten die Bergbehörden jedoch in ihrer ablehnenden Haltung.

Ein knappes Jahrzehnt lang wurde daher in Deutschland wie im benachbarten Belgien  - abweichend von allen anderen europäischen Bergbaurevieren - eine spezielle Technik eingeführt: die Fahrkunst. 1833 im Harz erfunden, wurde die Fahrkunst nach erstmaliger Einrichtung im Aachener Revier für die Grube Kronprinz (Centrum) 1847 und im Ruhrgebiet für die Grube Gewalt in Essen-Überruhr 1852, für viele der in den 1850er Jahren geplanten Tiefbauanlagen vorgesehen und beeinflusste Anlageart und Architektur der frühen Malakowanlagen.

Wie das im Schacht auf- und niedergehende Pumpengestänge der Wasserhaltung, von der sich die Technik der Fahrkünste ableitet, bestanden die Fahrkünste aus in den Schacht hinabreichenden Holz- oder Eisenstangen, die vom Balancier einer stehenden Dampfmaschine angetrieben wurden. Die Stangen waren mit Tritten und Handgriffen versehen. Durch Umstieg von Tritt zu Tritt legte der ein- oder ausfahrende Bergmann die jeweils vom Ausschlagwinkel des Balanciers bestimmte Hubhöhe zurück. Man unterschied zwischen ein- und doppeltrümmiger Fahrkunst. Bei der eintrümmigen Ausführung gab es nur eine auf- und niedergehende Stange. Zum Umsteigen benutzte der Bergmann im Schacht festmontierte Bühnen. Bei der doppeltrümigen Fahrkunst gab es zwei gegenläufig sich bewegende Stangen und der Benutzer musste vom Tritt der einen auf den Tritt der anderen Stange überwechseln.

Neben der üblichen Balancierdampfmaschine konnten die Fahrkünste  auch von der rotierenden Bewegung eines Wasserrades oder einer liegenden Dampfmaschine angetrieben werden. Hierzu mußte über dem Schacht ein Kunstkreuz montiert werden, mit dem die rotierende Bewegung in eine auf- und niedergehende Bewegung umgesetzt wurde.

Die Fahrkünste konnten bei tiefen Schächten eine wesentliche Zeitersparnis bewirken. Für den bereits erwähnten 263 m Schacht der Zeche Gewalt betrug die Fahrzeit mit der Fahrkunst knapp 10 Minuten gegenüber 30 bzw. 60 Minuten bei Nutzung der Fahrten. Bei Einrichtung der Fahrkunst für die Zeche Oberhausen wurde die gewonnene Mehrleistung pro Schicht auf 8 1/3 % berechnet. Betont wurde der Vorteil für die Gesundheit und längere Arbeitsähigkeit der Bergleute und die größere Attraktivität der entsprechend ausgestat­teten Zechen für die Bergleute. Andererseits wurde bemängelt, daß das präzise Übertreten die volle Konzentration des Bergmanns beansprucht und eine "vollkommen straffe Haltung des Fahrenden während der Fahrt und die größte Aufmerksamkeit auf die Erhaltung des Grubenlichtes" erfordert. Besonders nach einer anstrengenden Schicht war diese Konzentration nicht immer unbedingt im erforderlichen Maß gegeben. Auf den preußischen Bergwerken verunglückten jährlich sieben bis acht Bergleute bei Benutzung der Fahrkünste. Nachdem die Seilfahrt 1858 durch Ministerialerlaß in Preußen generell zugelassen worden war, wurden Fahrkünste kaum noch geplant. Allerdings gab es noch viele Zechen, deren Planung und Konzession vor 1858 den Einbau einer Fahr­kunst vorsah, die dann auch noch nach 1860 realisiert wurde. Die letzte Fahrkunst des Ruhrbergbaus wurde 1863 für die Zeche Concordia in Oberhausen gebaut. Einmal realisiert, wurden die Fahrkünste auf den in den 1850er Jahren entstandenen Zechen noch weit bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein genutzt. Concordia setzte die Fahrkunst 1876 außer Betrieb. Auf Zollverein wurde die Fahrkunst erst 1878 wegen der Unglücksfälle aufgegeben.

Für die Ausbildung der Schachtanlagen bedeutete die Fahrkunst, dass neben Förder- und Wasserhaltungsmaschine eine dritte Dampfmaschine aufzustellen war. Das Schachtgebäude selbst war also bei diesen Anlagen notwendigerweise von drei Flügelbauten für die Maschinen sternförmig umgeben. Neben diesem allgemeinen Einfluß auf die Bauweise der Malakowtürme lassen sich die Fahrkünste in Westdeutschland durch gegenständliche Zeugnisse kaum noch dokumentieren. Im Oberharzer  Bergwerks-Museum Clausthal-Zellerfeld ist eine Fahrkunst im Maßstab 1 : 2 nachgebaut worden und auf der Grube Samson in St. Andreaberg/Harz ist eine doppeltrümige Fahrkunst erhalten.

Nach genereller Genehmigung der Seilfahrt mit Erlass vom 28.3.1858 setzte sich diese Art der Fahrung rasch durch. Die Vorteile lagen auf der Hand: dauerte bei einem Schacht mit einer Teufe von 200 Metern Ein- und Ausfahrt mit der Fahrkunst etwa 10 Minuten, wurde bei Seilfahrt und einer Fördergeschwindigkeit von  3 m/sec. nur eine Zeit von 1-2 Minuten gebraucht. Allerdings war die Genehmigung der Seilfahrt an bergpolizeiliche Auflagen gebunden. Geregelt wurde in den Seilfahrtsurkunden der Bergämter die Ausbildung der Förderkörbe, die Fördergeschwindigkeit, Anzahl der Bergleute für die einzelne Fahrt, Beleuchtung für Hängebank und Füllort, Ausstattung mit Teufenstandszeiger und Warnglocke. Die Förderseile mussten ihre Festigkeit im Förderbetrieb bereits erwiesen haben, bevor die erste Seilfahrt unternommen wurde.

seilfahrt
Bergleute vor der Seilfahrt in einem Malakowturm.

Die Bergbehörden verlangten auch einen gebührenden Sicherheitsabstand zwischen Hängebank und Seilscheiben, denn ein nur ungenau gestoppter Förderkorb hätte über die Hängebank hinausschießen und im schlimmsten Fall bis unter die Seilscheibenbühne gezogen werden, dort die Seilscheiben zerstören und einen Bruch des Förderseils bewirken können. Der Sicherheitsabstand zwischen Hängebank und Seilscheiben bestimmte wesentlich die Höhe der Malakowtürme. Als Abstand wurde wenigstens das 1 1/2 bis 2-fache des Seilkorbumfanges, später generell 6,0 m gefordert.

Die Architektur
Wie schon bei den Schachthausanlagen war die Gesamtdisposition der frühen Malakowanlagen von dem Versuch geprägt, die verschiedenen Funktionsbereiche möglichst dicht um den Schacht zu gruppieren. Zwar waren die einzelnen Baukörper in Grundabmessungen und Höhe unterschiedlich, doch wurden sie zu einem kompakten baulichen Komplex verschmolzen, aus dem der Schachtturm dominant herausragte. Die zu addierenden Funktionen gab es im Prinzip schon im Zeitalter der Schachthausanlagen: Schachtüberbauung mit Seilscheibengerüst, Fördermaschinenhaus, Wasserhaltungsmaschine, Kesselhaus mit Kamin, Büros und Wohnräume, dazu Kaue und die in den 1850er Jahren wieder häufiger werdenden Betsäle. Zusätzlich musste das Maschinenhaus für die Fahrkunst angefügt werden. Es entstanden "außerordentlich massige Baulichkeiten, deren Formen der heimatliche Geschmack noch mehr als nötig ins Wuchtige auszubilden trachtete".

 

hercules
Zeche Hercules in Essen. Beispiel für die Anordnung der Funktionen einer Malakowanlage.

Zur Anordnung der Funktionsteile konnte man auf die Erfahrungen aus der Schachthauszeit zurückgreifen. Vielfach wurde auch nach 1850 Wasserhaltungsmaschine und Fördermaschine um 90 Grad versetzt, also rechtwinklig zueinander angeordnet und in den durch die beiden Maschinenhäuser gebildeten Winkel das Kesselhaus gelegt. Durch den Schachtturm erhielt dieser Winkeltyp nun aber ein ganz anderes Erscheinungsbild, mit dominanter Betonung jenes äußeren Eckbereiches, in dem der Schacht lag.

Noch stärkere Bedeutung erlangte der Zentraltyp, da sich diese Bauform fast zwangsläufig ergab, wenn man die drei Maschinenhäuser für Förderung, Wasserhaltung und Fahrkunst an drei Seiten des Turmes anfügte. Naheliegend war auch die Herausarbeitung einer Hauptfassade, die dem zeitgenössischem Formempfinden entsprechend axialsymmetrisch ausgebildet war: mittig der Schachtturm, flankiert von den nahezu identisch ausgebildeten Seitenflügeln. Auch wenn diese Symmetrie der funktionalen Anordnung der Maschinen am Schacht entsprang (vgl. Zeche Carl), wurde sie aus rein ästhetischen Gründen geradezu gesucht, auch wenn die Technik sie nicht nahelegte. Der Turm, flankiert von zwei Seitenflügeln wurde in dieser symmetrischen Ausbildung wegen seines "imposanten Aussehens" gebaut. Es war dies ein Gestaltungsprinzip, das in allen Bereichen des Bauwesens der Zeit Anwendung fand (Rathäuser, Krankenhäuser, Textilfabriken, Bahnhöfe). Einen interessanten Hinweis dazu liefert die Entstehungsgeschichte des Dortmunder Bahnhofes, der ebenfalls mit dieser Art der Baukörpergliederung entstanden war. Der in Fragen architektonischer Gestaltung stets interessierte Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. soll Skizzen für diesen Bahnhof geliefert haben. Er hatte sich in der Formgebung an den Uffizien und dem Palazzo Pitti in Florenz orientiert.

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Zeche Fritz in Essen. Beispiel für einen Zentraltyp

Eine prägnante Neuentwicklung der 1850er Jahre waren die Doppelturmanlagen, um eine zweite Wasserhaltungsmaschine aufstellen zu können, zur Bewältigung der großen untertägigen Wasserzuflüsse und zwar auch dann, wenn die Wasserhaltungsmaschine am Förderschacht ausfallen sollte. Außerdem bot der zweite Schacht die Möglichkeit, bei Betriebsstörungen im anderen Schacht den Förderbetrieb aufrecht zu erhalten. Wie die Entstehungsgeschichte der wohl ersten Doppelturmanlage Zollverein 1/2 belegt, ergab sich die Erkenntnis von der Sinnfälligkeit zweier dicht nebeneinanderliegender Schächte aus den aktuellen Problemen des Schachtabteufens im Mergelgebirge. Schon Zollverein 1/2 zeigte eine imposante Einheitlichkeit im Erscheinungsbild, die später als Planungsziel den Anlagen vorausging und zur höchsten Vollendung in den Zechen Oberhausen, Hannover/Bochum und Rheinpreußen/Duisburg gebracht wurde. Wie schon beim Zentraltyp, waren die zu erfüllenden Funktionen der Anlaß zur axialsymmetrischen Ausbildung der Anlage, die jedoch nur dadurch letztlich zu erreichen war, indem Nebenfunktionen so in die Flügelbauten eingegliedert wurden, daß nun das angestrebte Gleichmaß erreicht wurde. Die Doppelturmanlagen waren in Technik und Gestaltung echte Kinder der 1850er Jahre, die in den 1870er Jahren nicht wiederholt wurden (Ausnahmen: Dahlbusch 3/4, Hannover 3/4 und die wegen der langen Abteufgeschichte als Sonderfall zu betrachtende Zeche Rheinpreußen 1/2).

hannover
Doppelmalakowanlage Hannover. Qualitätvolle Berbauarchitektur unter den Einfluß der Hannoverschen Schule.

 

rheinpreussen
Eine der großen Doppelmalakowanlagen des Ruhrgebiets: Rheinpreussen 1/2 in Duisburg-Homberg

Das wuchtige Erscheinungsbild der Malakowanlagen wurde wesentlich bestimmt durch die technisch bedingte massive Bauweise. In der Regel wurden Ziegelsteine verwendet, im Ruhrtal in einigen Fällen auch Bruchstein (Zeche Altendorf - Schacht Willm/Essen, Pörtingsiepen/Essen; noch erhalten: Brockhauser Tiefbau in Bochum). Um die aus dem Förderbetrieb resultierenden Kräfte aufnehmen zu können, war das Mauerwerk der Türme bis zu 2,0 Meter stark ausgebildet (Carl 1,8m ; Rheinpreußen 1,8m ). Die Auflager für die Seilscheiben bestanden aus Holzbalken in einfacher oder doppelter Lage, aus Fachwerkträgern und Sprengwerken. Teilweise waren diese Balken und Träger auch durch Streben unterstützt, die weiter unten innerhalb des Turmes auf vorspringendem Mauerwerk aufgesetzt waren. Die Erschütterungen aus dem Förderbetrieb übertrugen sich direkt auf das Mauerwerk, was trotz der erheblichen Wandstärken immer wieder zu Schäden führte. Unterhalb der Seilscheiben stand das ebenfalls hölzerne Führungsgerüst, das die Förderkörbe aus dem Schacht heraus sicher bis zur Hängebank führte.

Die Türme waren anfangs in der Höhe sehr unterschiedlich ausgebildet. Es wurden relativ kleine, in den Fassaden dreigeschossig ausgebildete Türme gebaut, die wohl noch ohne separate Hängebank auskamen. Dazu gehört der älteste erhaltene Turm der Grube Atsch bei Stolberg von 1846.  In den 1850er Jahren entstanden jedoch schon Türme mit erheblicher Höhenentwicklung und vier,- fünf,- oder sechsgeschossiger Fassadenausbildung. Die Türme wurden überwiegend über quadratischem Grudriß errichtet und von Zeltdächern mit Laternen oder Belvederes (Zeche Oberhausen und Bonifacius/Essen), bekrönt. Fialenartige Eckpfeiler ragten über die Traufe hinaus. Stärkere Bezüge zur Wehrarchitektur hatten jene Türme, bei denen die Außenwände über die Dachansätze hinausreichten und die flachgeneigten Dächer fast völlig verdeckten. Durch zinnenartige Ausbildung wurde der Wehrcharakter dieser Anlagen noch verstärkt (Zechen Hannover und  Hannibal/Bochum).

Generell ist bis 1870 bei der Verwendung dekorativer Zierformen noch große Zurückhaltung zu erkennen. Abgesehen von den Bruchsteinanlagen wurde die Wand fast immer aufgelöst in knapp vorspringende Wandvorlagen und "füllendes" Mauerwerk für die Wandfelder. Stützpfeiler gab es bis 1870 als zusätzlich stabilisierendes Element gegen Schrägkräfte noch nicht, da die Fördermaschinen sehr dicht am Turm aufgestellt waren. Die Fassaden waren sehr oft dreiachsig aufgebaut und fast überall wurden Rundbogenfenster mit halbsteinstarken Begleitbändern verwendet (Ausnahme: Zeche Carl/­Essen mit Segmentbögen), die im Drempel zur Belichtung der Seilscheibenbühne durch runde Okuli ergänzt wurden. Häufig waren kleinere Fenster im Drempelbereich auch zwillings- oder drillingsweise zusammengefasst. Zwerchgalerien tauchen jedoch erst nach 1870 auf. Die Rundbogenfenster wurden im Traufbereich ergänzt durch Rundbogenfriese.

Die Architektur der Türme wurde gleichartig auf die Seiten- und Rückflügel übertragen. Die Fassaden der Kesselhäuser hatten hohe und breite Mauerbögen, die mit zurückliegenden Wandfeldern nur halbsteinstark ausgemauert waren, um die Kessel bequem ein- und ausbauen zu können. Die zugehörigen Kamine wurden über quadratischen oder achteckigen Grundrissen errichtet.

Da sich Wettermaschinen im deutschen Bergbau der 1850er Jahre noch nicht durchsetzten (imGegensatz zu Belgien und England), wurden die Kamine in das Bewetterungssystem einbezogen (vgl. Zeche Carl/Essen und Zeche Oberhausen/Oberhausen). Ein umkleideter Trum des Schachtes wurde unterhalb der Rasenhängebank durch einen Wetterkanal mit dem Schornstein ver­bunden. Der warme Rauch aus den Kesseln sollte den Luftzug aus dem Schacht fördern. Diese Funktion der Kamine machte ihre Anordnung möglichst nahe am Schacht erforderlich. Die axialsymmetrische Anlage von Schachtturm und Kamin bei Zentraltyp und Doppelturmtyp war durch diese funktionalen Rahmenbedingungen sehr naheliegend.

Die Malakowtürme bis 1870 sind überwiegend Paradebeispiele für eine nüchterne Zweckarchitektur, die in den 1920er Jahren als Vorbild einer sachlichen Architekturauffassung galten. In diesem Zusammenhang muß die Einschätzung von Koschwitz gesehen werden, der von "anständiger Baugesinnung" spricht, die mit ihren "gutgegliederten Massen und handwerklich einwandfreien Ausführung" frei von wesensfremden Stilisierungen sei. Von den erhaltenen Bei­spielen geben diesen Grundcharakter der Jahrzehnte zwischen 1850 und 1870 am besten die Beispiele Atsch/Stolberg, Carl/Essen, Rheinpreußen/Duisburg und in Westfalen Holland/Bochum wieder. Die Zeche Hannover mit ihrer aufwendigen Architektur im Burgenstil ist eine wohl aus der Entstehungsgeschichte her zu verstehende Ausnahme.

Verbindungslinien zur zeitgleichen Monumentalarchitektur lassen sich am besten ziehen zum klassizistisch geprägten Rundbogenstil oder zum frühen Historismus der rheinischen Neuromanik. Mehrfach wurde in zeitgenössischen Darstellungen der architektonische und finanzielle Aufwand für die Ausbildung der Übertageanlagen gerade im Unterschied zu England und Frankreich gewürdigt. So berichtete Bernsdorff an Franz Haniel 1860, dass auf der Zeche Bonifacius in Essen "alles sehr solide und durchaus nicht englisch oder französisch ausgeführt wird".  Ein englischer Berichterstatter sprach angesichts der Zeche Hansa von "der ästhetisch gerichteten deutschen Natur", die mit den Zechenbauten "den Staub und Schmutz des gewöhnlichen Bergbaus daran hinderten, so unerfreulich sichtbar zu werden" und schlussfolgerte, daß England noch nicht genügend weit fortgeschritten sei, um Schönheit und Geldverdienen zu vereinen.134  Und Schönfelder ließ 1862 angesichts der Zeche Oberhausen leichte Kritik anklingen, als er die "vielleicht zu splendide Ausführung" mit dem englischen Understatement verglich und einen Mittelweg im Aufwand der Gestaltung anregte.

Die Ursachen für die mit wenigen Ausnahmen in Belgien und Frankreich nur in Deutschland gebauten Malakowtürme (vergleichbare Anlagen außer im Ruhrgebiet auch im Saarland, in Sachsen, Unter- und Oberschlesien, Aachener Revier) waren entwicklungsgeschichtlich begründet. Die Malakowanlagen waren die geradezu logische Fortsetzung der Schachthäuser. Sie entspringen den von den Bergbehörden entwickelten Vorstellungen von Solidität und Sicherheit. Sie sind auch erklärbar aus dem Motiv, den Schacht und die schachtnahen technischen Einrichtungen und Arbeitsplätze vor den rauheren Witterungseinflüssen in Deutschland zu schützen. In der architektonischen Ausbildung folgen die Malakowtürme Gestaltungsprinzipien, die für Zweckbauten des Historismus typisch sind.

Malakowanlagen II 1870 - 1890
Nach 1870 erlebte der Bau von Malakowanlagen eine zweite Blütezeit. Die Großzechen neuen Typs mit einer Jahresförderung von über 500.000 t Kohle, wie Rheinelbe und Alma, Dahlbusch und Consolidation, hatten ihre Schächte zuvor mit Malakowtürmen ausgestattet. Erklärbar ist die Beibehaltung von Architektur und Technik der 1850er Jahre mit dem bergbautypischen Konservatismus einerseits und dem auf dem Zechengelände meist verfügbaren Rohstoff für die Ziegelbauten andererseits. Hingegen waren die Stahlkonstruktionen für die Fördergerüste vergleichsweise teuer und wiedersprachen dem Selbstverständnis der Industriemagnaten, die sich nach der Reichsgründung einer neuen "Feudalität" verpflichtet fühlten und daher historische Stilformen als Reminiszenz an die feudale Vergangenheit bevorzugten.

In technischer Hinsicht wurden die neuen Malakowanlagen beeinflusst durch die allgemeine Verbreitung der Separationen. Die Kohle wurde, aus dem Schacht kommend, auf feststehende Roste gekippt. Um eine gute Sortierung in Stück-, Nußkohle und Gruß zu erreichen, waren die Roste steil aufgestellt und hatten eine größere Länge. Die Hängebänke wurden noch höher angeordnet, um die notwendige Kipphöhe für Verladung und Separation zu erreichen. Die Türme nahmen also in der Höhe zu und erreichten knapp 35 Meter.

Zugleich hielt auch der ins Bauwesen mit Macht eindringende Baustoff Eisen bei den Malakowtürmen Einzug. Er wurde nun aus Gründen der Brandsicherheit fast generell für die innere Seilscheibenstützkonstruktion verwendet. Es entstanden dabei Konstruktionsformen mit Führungsgerüst, Seilscheibenbühne und Streben, ganz ähnlich den Fördergerüstkonstruktionen, jedoch von einem massiven Turmbauwerk umhüllt.

In der Gesamtdisposition der Malakowanlagen kam es nach 1870 zu einer Differenzierung der Einzelfunktionen und solitären Anordnung der einzelnen Zechengebäude. Gleich mehrere Motive gab es für die freie Stellung des Schachturmes. Mit den tiefer werdenden Schächten wurden die Förderseile länger und die Seiltrommeln der Fördermaschinen größer. Da ein allzu spitzer Seilwinkel die Unfallgefahr erhöht hätte, wurde die Fördermaschine vom Turm abgerückt und in einem separaten Fördermaschinenhaus aufgestellt. Durch Einführung der untertägigen Wasserhaltungen entfielen die bisher direkt an den Türmen angefügten Häuser für die Wasserhaltungsmaschinen. Schließlich förderten Überlegungen zum Brandschutz die freie Aufstellung des Schachtturmes. Das Erscheinungsbild der Türme änderte sich besonders durch Verwend­nung von zwei neuen Bauteilen. Zur Aufnahme der in Richtung der Fördermaschinen wirkenden Schrägkräfte reichten die stark dimensionierten Außenwände nicht mehr aus. Sie wurden ergänzt durch kräftige Stützpfeiler. Zur besseren Erschließung der Türme - besonders bei Brandkatastrophen - wurden an zwei, zuweilen auch an allen vier Turmecken Treppentürme angefügt. Die Treppentürme wurden über Achteckgrundriß errichtet, waren häufig mit einem Zeltdach gedeckt oder endeten mit einem Zinnenkranz, der sich um den Schachtturm fortsetzte.

prosper
Zeche Prosper, Schacht 2 in Bottrop. Beispiel für eine Malakowanlage der zweiten Generation mit achteckigen Treppentürmen und Zinnenkranz.

Die enorme Höhenentwicklung der Türme, ihre solitäre Stellung in der Zechen­anlage, die Verwendung von Ecktürmen und Strebepfeilern und die nun häufiger verwendeten Zinnenkränze sorgten für eine noch stärkere Anlehnung an den sogenannten Burgenstil, eine Spielart des Historismus mit wehrhaft mittelalterlichen Formenkanon, übertragen auf gattungsfremde Bauaufgaben.

Von den Malakowtürmen dieser Entwicklungsphase ist im Rheinland kein Exem­plar erhalten. Überliefert sind mehrere Beispiele im westfälischen Teil des Ruhrgebietes: Zeche Brockhauser Tiefbau/Dortmund von 1874, Fürst Hardenberg/Dortmund von 1872-76, Westhausen/Dortmund von 1873; Ewald/Herten um 1875; Prosper II/Bottrop von 1872; Unser Fritz/Herne um 1875; Julius Phillip/­Bochum um 1875 und Carolinenglück/Bochum um 1870.

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